Categories:

Was ist eigentlich Wi-Fi Direct?

Veröffentlicht von empy
Lesezeit: 4 Minuten

WLAN kennt verschiedene Betriebsarten. Die Bekannteste ist sicherlich der Infrastruktur-Modus, bei dem ein Access Point die Verbindung zwischen den Endgeräten verwaltet. Die meisten Haushalte dürften WLAN auf diese Art nutzen. Doch es geht auch ohne Access Point. Ein Weg nennt sich Wi-Fi Direct. Heute klären wir, was genau das ist und welche Einsatzszenarien dahinter stehen.

Wi-Fi Direct ermöglicht es WLAN-fähigen und zertifizierten Endgeräten, sich direkt untereinander zu verbinden. Und das eben ohne Zuhilfenahme Access Points, landläufig auch WLAN-Router genannt. So wie man es von Bluetooth kennt, nur ist mehr Geschwindigkeit möglich. Dabei entsteht eine 1:1-Verbindung. Es ist sogar möglich, mehrere Geräte über Wi-Fi Direct zu verbinden, ohne das unterstützende Infrastruktur notwendig wäre. Dabei nutzt Wi-Fi Direct die technische Spezifikation nach Wi-Fi Peer-to-Peer.

Gab es doch schon und nannte sich Ad-Hoc-Modus?

Wi-Fi Direct ist eine Bezeichnung der Wi-Fi Alliance und ist der indirekte Nachfolger des aus heutiger Sicht eher altertümlichen Ad-Hoc-Modus, nutzt aber gleichzeitig Ideen des Infrastruktur-Modus. Wi-Fi Direct erfindet das Rad nicht vollkommen neu, vereinfacht das Prozedere aber für die meisten Anwender. Dabei werden die Nachteile des Ad-Hoc-Modus eliminiert und die Vorteile des Infrastruktur-Modus kommen zum Tragen.

Wi-Fi Direct soll Ad-Hoc-Netzwerke gewissermaßen massentauglich machen. Durch den Einsatz seit Android 4 ab 2011 sollte dieses Ziel im Grunde erreicht sein. Dennoch ist Wi-Fi Direct recht unbekannt, vermutlich aufgrund des doch sehr speziellen Einsatzgebietes. Apple nennt eine sehr ähnliche Technologie basierend auf dem Peer-to-Peer-Ansatz übrigens Airdrop. Und wer Miracast kennt, der kennt eigentlich auch Wi-Fi Direct. Letzteres ist nämlich die Technologie, welche Miracast zu Grunde liegt.

Access Point einfach weglassen?

In einem Infrastruktur-WLAN regelt der Access Point die gesamte Kommunikation zwischen allen Teilnehmern. Das ist wichtig und sinnvoll, weil WLAN ein shared medium ist. Das bedeutet: Die Frequenzen, die WLAN nutzt, sind begrenzt. Aufgrund dieser gesetzlichen Begrenzung ist die maximal mögliche Datenmenge, die pro Zeiteinheit übertragen werden kann, limitiert. Ein Access Point stellt sicher, dass jeder Teilnehmer etwas von dem begrenzten Frequenzspektrum abbekommt. Gewissermaßen koordiniert er das drahtlose Netzwerk. Das kann man sich übrigens vorstellen wie an einer großen Verkehrskreuzung. Aus allen Richtungen fahren die Autos über die Kreuzung. Ohne Ampel würden die Fahrzeuge mit großer Wahrscheinlichkeit miteinander kollidieren. Die Ampeln regeln das Verkehrsaufkommen.

Nun lässt sich WLAN aber auch ohne einen koordinierenden Access Point betreiben. Das wurde früher als Ad-Hoc-Modus bezeichnet. Denn nicht immer ist die regelnde Instanz notwendig, manchmal ist sie gar überflüssig. Zum Beispiel, wenn nur schnell Daten zwischen zwei Endgeräten übertragen werden sollen. Stellt man sich oben beschriebene Kreuzung vor, allerdings mit nur zwei Fahrzeugen, so könnte man vermutlich auch nach der Regel rechts-vor-links schnell und sicher die Kreuzung überfahren. Eine teure Ampelanlage benötigt man nicht. Im Gegenteil, bei nur zwei Autos wäre rechts-vor-links vermutlich sogar effizienter, als sture Ampelphasen. Steigt die Anzahl der Fahrzeuge, wird rechts-vor-links recht schnell nicht mehr zuverlässig funktionieren. Denn in einem traditionellen Ad-Hoc-WLAN kommunizieren alle Endgeräte Peer-to-Peer über ein identisches independent basic service set (IBSS). Und das kann dann viel Verkehr erzeugen.

Komische SSID: DIRECT-xy…

Genau hier setzt Wi-Fi Direct direkt an. Wi-Fi Direct kombiniert den Ad-Hoc-Modus mit den Ideen des Infrastruktur-Modus, indem es einen Access Point softwareseitig simuliert. Beim Verbindungsaufbau wird Peer-to-Peer ausgehandelt, welches Endgerät die Funktionen des Access Point übernimmt. Diese Rolle bleibt dann allerdings statisch und wird nicht verändert.

Das erklärt auch, warum es für eine Verbindung per Wi-Fi Direct auch ausreicht, wenn nur ein Endgerät Wi-Fi Direct zertifiziert ist: Das andere Endgerät simuliert dann den Access Point. So kann beispielsweise ein Drucker per Wi-Fi Direct verbunden werden, auch wenn der Drucker selbst kein Wi-Fi Direct unterstützt. Denn der Drucker glaubt mit einem normalen Access Point verbunden zu sein und kann die Daten vom Endgerät empfangen.

Technisch gesehen wird bei Wi-Fi Direct also ein Access Point per Software simuliert. Das hat den Vorteil, das Wi-Fi Direct viele Eigenschaften vom klassischen Infrastruktur-WLAN mit Access Point erbt, denn Wi-Fi Direct kann QoS, hat einen Energiesparmodus und einige Sicherheitsfeatures, wie man sie vom Infrastruktur-Modus kennt. Das war beim Ad-Hoc-Modus so nicht möglich. Einfache Details, wie genau Wi-Fi Direct technisch funktioniert und was die P2P-Gruppen sind, gibt es unter diesem Link. Wichtig ist nur, dass eine solche P2P-Group die Funktion einer SSID im Infrastruktur-Modus übernimmt und der P2P-Group-Owner mit dem Access Point vergleichbar ist.

Per Spezifikation setzt sich die SSID von Wi-Fi-Direct-Netzwerken immer aus folgendem Muster zusammen: „DIRECT-“ gefolgt von zwei zufälligen Buchstaben/Ziffern und einem beliebigen Anhang. Häufig ist dieser Anhang der Name des P2P-Group-Owners. Unter anderem ist das für das automatische Pairing zwischen den Endgeräten wichtig. Der Verbindungsaufbau kann so sehr einfach gestaltet werden. Wenn zwei Smartphones Wi-Fi Direct aktiviert haben, dann erkennen sich die Geräte eigenständig. Wählt man das jeweils andere Endgerät aus, erfolgt die Verbindung inklusive sicherem Schlüssel nach einer kurzen Bestätigung automatisch. Unter Windows beispielsweise lässt sich ein Ad-Hoc-Netz erstellen und es muss der Netzwerkschlüssel eingegeben werden. Dieser kann dann zum Beispiel für einen WLAN-Drucker verwendet werden (legacy mode).

Verbindung mit Schwierigkeiten

Allerdings legt die technische Spezifikation herstellerübergreifend nur fest, wie die gegenseitige Erkennung, Authentifizierung und der Datentransfer funktioniert. Der Nutzungskontext bleibt nicht genormt, sodass viele Hersteller Wi-Fi Direct unterschiedlich implementieren.

Das führt dazu, dass eigentlich per Definition kompatible Geräte in der praktischen Nutzung nicht ohne weiteres miteinander funktionieren. Ich selbst habe das Problem zwischen zwei Endgeräten mit Android 9: Auf beiden Smartphones läuft die Custom Rom Ressurection Remix Pie und beide haben die Wi-Fi-Direct-Funktion aktiviert. Zwar lassen sich die Geräte verbinden, jedoch ist zum Beispiel die Datenübertragung nicht ohne weiteres nutzbar, weil schlicht ein entsprechender Knopf im Dateimanager fehlt, mit dem die Datenübermittlung gestartet werden kann. In diesem Artikel versuche ich, das Problem zu lösen.

Wann also ist Wi-Fi Direct sinnvoll?

Es gibt viele Einsatzszenarien, bei denen man einen Access Point nicht unbedingt benötigt. Wi-Fi Direct kann sinnvoll und nützlich sein, wann immer sich Smartphones, Drucker, Kameras oder Computer kurzfristig miteinander verbinden müssen. Entweder weil kein (Infrastruktur-) WLAN verfügbar ist oder weil der Anwendungsfall sehr temporär erscheint. Zum Beispiel beim Drucken vom Smartphone aus. Oder beim WLAN-Sharing zwischen zwei Smartphones.

Spannend ist der Einsatz von Wi-Fi Direct auch dann, wenn man dem Access Point nicht vertraut. Kann man durch Wi-Fi Direct auf die Nutzung eines Access Points verzichten, ist das möglicherweise ein interessanter Sicherheitsgewinn. Denn wenn man keinen Access Points nutzt, kann dieser auch nichts vom Datenverkehr mithören. Wi-Fi Direct selbst ist per WPA2 verschlüsselt. Leider ist aber auch Wi-Fi Direct nicht 100% sicher.

Access Point + Wi-Fi Direct = 802.11z ?

Ein weiterer Standard sei noch erwähnt: Im Bereich der Peer-to-Peer-Verbindungen zwischen zwei Endgeräten per WLAN kennt man auch den Standard nach 802.11z. Der Standard beschreibt das Tunneled Direct Link Setup (TSLS), welches Endgeräten ermöglicht, direkt miteinander zu kommunizieren. 802.11z setzt aber voraus, dass die Endgeräte mit dem gleichen Access Point verbunden sind. Leider hat sich der Standard bisher nicht wirklich durchgesetzt und die großen Hersteller der WLAN-Branche setzen das Protokoll bisher nicht ein.